Meine Überraschung war groß, als ich in Innsbruck anfangs September 2012 eine Frau an einer prächtigen Kirschlorbeerhecke damit beschäftigt sah, die großen, glänzenden Früchte zu ernten und nebenbei genüsslich zu verspeisen.
Ich machte sie, in der Meinung, ihr Leben zu retten, auf die Giftigkeit des Kirschlorbeers aufmerksam. Sie schüttelte den Kopf, steckte eine Kirsche in den Mund und weitere in eine Stofftasche. „Kollega Zucker!“, belehrte sie mich freundlich in gebrochenem Deutsch. Wo denn ihre Heimat wäre, fragte ich neugierig geworden. „Istanbul!“, kam strahlend zu mir herüber. Als auch ich eine Lorbeerkirsche probierte, wies sie mich an, den Kern auszuspucken. Hätte ich sowieso getan, denn ich wusste, dass Samen und Blätter die giftigsten Pflanzenteile des Kirschlorbeers sind. –
Sie möchten wissen, wie die Lorbeerkirsche schmeckte? Angenehm-saftig-süß …
Na, und was sagt die Wikipedia dazu? „Frische, reife Früchte schmecken süß mit bitterem Nachgeschmack. In der Türkei wird die Lorbeerkirsche wegen der Früchte kultiviert. Diese werden dort als Trockenfrüchte verzehrt. Das Fruchtfleisch kann zu Marmelade oder Gelee verwertet werden. Die Samen enthalten – wie bei fast allen Früchten der Gattung Prunus – Prunasin, ein cyanogenes Glykosid. Im Magen entwickeln zerkaute Samen die giftige Blausäure. Nach Aufnahme von Blättern oder bis zu 10 Samen kann es zu Übelkeit, Erbrechen, Tachykardie und Krämpfen kommen. Bei mehr als 10 Samen können Herz- und Atemstillstand eintreten. Beim Kochen aber werden die Blausäureverbindungen zerstört. Blätter und Samen enthalten mehr Prunasin als das Fruchtfleisch.“
Also doch: Auch das Fruchtfleisch ist giftig. Nun ja, allein die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift ist , und „durch Zubereitung (intensives Kochen) wird die Blausäure von den Glykosiden abgespalten und in die Luft abgegeben.“ (Wikipedia) . Wobei auch bedacht werden sollte, dass in der Türkei für den menschlichen Verzehr verschiedene Kirschlorbeer-Sorten kultiviert werden. (Gunnar Sölke )
Meine intensiven Recherchen zum Thema „Kollega, Zucker“ bzw. Hilfe bei Diabetes durch den Genuss von frischem Fruchtfleisch der Lorbeerkirsche ergaben nur einen schwachen Anhaltspunkt aus dem 19. Jhd. Meine Freundin, eine diplomierte Krankenschwester, meinte nüchtern: „Da gibt’s bessere Mittel.“
Ich würde trotzdem gerne mehr dazu erfahren, denn es war faszinierend, mit welch freundlicher Sicherheit die Frau aus Istanbul die Lorbeerkirschen für ihren zuckerkranken Kollegen in die Tasche rollen ließ!
Der Kirschlorbeer wird übrigens in Mitteleuropa bereits sonstig medizinisch verwendet, denn „Das Öl der Lorbeerkirsche wirkt entkrampfend, und in der Homöopathie wird die Pflanze für Mittel gegen Husten, Heiserkeit und Herzschwäche verwendet (Quelle: Gunnar Sölke).
TIPP:
- Falls Sie Ihre Kirschlorbeerhecke schneiden möchten, finden Sie h i e r eine Anleitung dazu.