LEBENSZYKLUS und GIFTIGKEIT:
Die blühende Pflanze besitzt tief in der Erde eine mit braunen Schuppen bedeckte eiförmige Doppel-Zwiebel: eine für die Herbstblüte und eine für die Zeit nach dem Winter. Diese bildet Wurzeln zur Nahrungsaufnahme aus, schiebt im Frühling 3 grundständige, lanzettliche Blätter nach oben und, auf einem kurzen Stängel, die dreifächrige Samenkapsel.
So ist - nach altem hessischen Volksglauben - alles bereit ist für den Hexensalat:
In der Walpurgisnacht, der Nacht vom 30. April auf den 1. Mai, tanzen die Hexen auf Kreuzwegen, gehen dann in die Wiesen, schneiden von den Blättern der Herbstzeitlose die Spitzen ab und bereiten daraus Hexensalat, mit dem sie Menschen und Vieh vergiften. (Marzell)
Für Wildpflanzenfreaks besteht die größte Gefahr in der Verwechslung mit Bärlauchblättern, die gerade auch in der blütenlosen Zeit gesammelt werden. Tödliche Vergiftungen passieren jedes Jahr! Bei geringstem Zweifel an der Identität der Blätter, ob Bärlauch oder Giftblätter, nicht ernten. Die eigenen Kenntnisse nicht überschätzen! Wer Bärlauch im Garten hat, wo er sich leicht ziehen lässt, ist gut dran!
VERWENDUNG:
Ganz im Sinne von Paracelsus “ Die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift ist“ wurde und wird die Herbstzeitlose nicht nur für Giftattentate, sondern auch schulmedizinisch aufbereitet. In der richtigen Dosis wird Colchicin, eines ihrer Gifte, zeitlich begrenzt in der Behandlung von akuten Gichtanfällen eingesetzt. In der Pflanzenzucht wird Colchicin zur Vergrößerung von Zuchtpflanzen verwendet.
Demecolcin, ein weiteres Alkaloid der Herbstzeitlose, wird schulmedizinisch in der Krebstherapie eingesetzt.
In der Homöopathie stellt man aus den im Herbst gesammelten Knollen der Herbstzeitlosen das Homöopathikum Colchicum autumnale, her, welches zum Beispiel bei Gicht, Magen-Darm-Entzündung, Rheuma, Grauem Star, Herzbeutelentzündung und Schwangerschaftsübelkeit verabreicht wird. In Deutschland ist Colchicum autumnale verschreibungspflichtig bis einschließlich D3 Potenz.
ENTSTEHUNGSGESCHICHTE der Zeitlosengewächse und ihres botanischen Gattungsnamens:
MEDEA AUS KOLCHIS steht im engen Zusammenhang mit der für Menschen und viele Tiere in allen Teilen, jederzeit und in jedem Zustand sehr stark giftigen Zeitlosen, mit dem allermeisten Gift in ihrer grazilen, engelhaften Blüte!
Die mythische Entstehungsgeschichte der Zeitlosen, ihr botanischer Gattungsname Colchicum und das Alkaloid Cholchicin erinnern an die leidenschaftliche Zauberin und ihre Heimat Kolchis:
Als Medea ihren bereits narkotisierten Schwiegervater Aison durch einen gekonnten Kehlschnitt ausbluten ließ und als Ersatz für das Blut ihre Zauberbrühe in seine Adern füllte, war er, auf seinen eigenen risikoreichen Wunsch hin, verjüngt lebendig gemacht (Ovid, Metamorphosen VII, Vers 250 - 290). Er, der bereits im Herbst seines Lebens stand, war die alte Zeit los, und – der Fama entsprechend - erwuchsen dem Boden, an diese Tat erinnernd, an den Stellen, die von aus der kochendenden Zauberbrühe spritzenden Schaumtropfen getränkt worden waren, frühlingshafte, dem zarten Krokus ähnliche, hochgiftige Zeit-losen: Wer auch nur wenig ihrer Teile isst, ist seine Zeit los - und zwar seine ganze Lebenszeit - und das für immer !!
Bemerkung:
Die Blüten der Großblättrige Zeitlose (Colchicum marcophyllum), deren Blüten man im Herbst sowohl auf Kreta als auch auf den ostägäischen Inseln (Samos, Thymena, Chios, Fourni, Ikaria, Inousses, Lesbos) und in der Türkei finden kann, lassen besonders schön die Tropfen der Zauberbrühe erkennen! ;)