Es gibt unter den weltweit 300 Lupinenarten auch in Europa – neben der hübschen, aber hochgiftigen Gartenlupine (Lupinus polyphyllus), einer Staudenlupine - einige wilde, alkaloidarme Lupinenarten, die seit der Antike nach Entgiftung (Entbitterung) durch Einweichen in Wasser und Kochen mit erneutem Wasserwechsel Mensch und Tier als hochwertige Nahrung dienen.
Weil sie nur wenige bitter schmeckende Alkaloide enthalten, werden sie als „Süßlupinen“ bezeichnet, obwohl sie nicht direkt süß schmecken.
In Europa gedeihen heute folgende Süßlupinen:
- Weiße Lupine (Lupinus albus),
- Gelbe Lupine (Lupinus luteus)
- Blaue Lupine (Lupinus angustifolius)
- Behaarte Lupine (Lupinus pilosus Murr; Synonyme: Raue Lupine, Bunte Lupine, Lupinus hirsutus L., Lupinus varius L. p.p.)
Beinahe vergessen:
Wurden die Lupinen als menschliche Nahrungsquelle – bis auf einzelne Ausnahmen – in Mitteleuropa vergessen, wurden und werden die Samen dieser alkaloidarmen Lupinen in allen Mittelmeerländern, in Brasilien (Sorte: Anden-Lupine, Lupinus mutabilis Sweet.) und in den asiatischen Ländern als beliebte Snacks wie Lupini, Altramuces, Tremoços gegessen!
In Mitteleuropa weitergepflegt wurden die Süßlupinen in den Apothekergärten, die im 16. Jhd. eine Blütezeit erlebten - in ihnen ist auch die essbare Behaarte bzw. Zottige Lupine unter ihrem lateinischen Namen Lupinus hirsutus zu finden - und in Südtirol, besonders in in Altrei.
- Das Südtiroler Dorf „Altrei“, 1200 m ü. A., 380 Einwohner
Seit dem 19. Jhd., als die in Kreta beheimatete Behaarte Lupine ihr Dorf erreichte und hier einen für sie idealen, leicht sauren Boden vorfand, in dem bereits knöllchenbildende Bakterien lebten, wird hier der Altreier Kaffee aus im Backrohr gerösteten Samen von Süßlupinen, Gerste (angekeimt), Weizen, Feigenstückchen und Zuckerrüben gebraut.
Bezugsquellen für Altreier Kaffee bzw. Samen der Behaarten Lupine:
- Andere Landstriche in Trentino-Südtirol (Cavalese, Vinschgau … ) verwendeten für ihren Kaffee auch die Weiße – und Blaue Lupine, gemischt mit Erdmandeln
Bezugsquellen für Süßlupinen:
KULTUR der BEHAARTEN LUPINE, der KAFFEE-LUPINE"
(Lupinus pilosus Murr; Synonyme: Raue Lupine, Bunte Lupine, Lupinus hirsutus L., Lupinus varius L.pp)
Wenn der Boden passt - leicht sauer und am besten mit bereits vorhandenem Bakterium Bradyrhyzobium lupini , damit die Lupine sich selbst und den Boden mit Stickstoff aus der Luft anreichern kann - war und ist der Anbau dieser bis zu 120 cm hohen Süßlupine einfach. Er ist dem der Ackerbohnen ähnlich und hinterlässt einen tiefgründig gelockerten, mit Stickstoff versorgten Boden.
- Möglichst zeitig im Erstfrühling kommen die Samen in den gepflügten, winterfeuchten Boden, und zwar, je nachdem wie viel Kaffee gebraucht wird,
- als Zeile an den Rand des Ackers
- rund um den Getreide- bzw. Kartoffelacker
- allein auf den Acker
- auf ein Gartenbeet
- Eine zusätzliche Wässerung ist nur selten nötig. Die ausgewachsene Pflanze benötigt zum Ausreifen Trockenheit und Sonne. Bis es soweit ist, genügt meistens das im Boden gespeicherte Wasser.Wenn die Blätter allerdings schlapp machen, zeigt die Pflanze, dass sie dringend Wasser benötigt.
- Lupinen können an Anthracnose, veruracht durch einen Pilz, erkranken. Anthracnose wird in erster Linie über das Saatgut übertragen wird. Sie zeigt sich in eingesunkenen"Brennflecken" an Blättern und Stängel. Ein Spätbefall kann in ertraglicher Hinsicht toleriert werden. Nasse Witterung fördert die Erkrankung. Weiße Lupinen sind dafür anfälliger als Blaue, Gelbe nehmen eine Mittelstellung ein. Vorbeugung gegen die Erkrankung: Einhalten der 4- bis 5jährigen Anbaupause, entsprechende Pflanzenauswahl vornehmen, Saatgut 12 Stunden in warmen Tee von Schachtelhalm und Zwiebel legen (beizen) oder zertifiziertes, gebeiztes Saatgut kaufen. Pflanzen öfters mit Anti-Pilz-Tee gießen.
- Für die Ernte müssen die nicht zugleich reifenden Schoten, die sich bei Vollreife selbst öffnen und die begehrten Samen verstreuen, vom Frühherbst weg durch mehrmaliges Durchpflücken rechtzeitig gepflückt und getrocknet werden.
- Vor Wintereinbruch werden die Stauden abgeschnitten und umgekehrt im Dachboden aufgehängt, damit die restlichen Samen nachreifen und ausfallen, denn nur gut ausgereifte Samenkerne können für den Kaffee und als Saatgut für die nächste Ernte verwendet werden.
- Aufbewahrt werden die durchgetrockneten Samenkerne in Säcken, und zwar am besten zusammen mit einem handgeschmiedeten Nagel. Er verdirbt den Schadinsekten die Lust auf die Kerne!
WEITERE PRODUKTE aus SÜSSLUPINEN
Erst die Hungersnot im Ersten Weltkrieg und in der Zeit danach ließ die Menschen den Wert der Süßlupine wieder schätzen.
Dazu ein Zitat aus dem tollen Kaffee-Artikel der Gemeinde Altrei:
“Im Oktober 1918 lud in Hamburg die ‚Vereinigung für Angewandte Botanik’ zu einem ‚Lupinen-Festessen’ ein.
Auf einem Tischtuch aus Lupinenfaser (aus der reifen Pflanze) wurden serviert:
• Lupinensuppe
• Lupinenbeefsteak in Lupinenöl gebraten und mit Lupinenextrakt gewürzt
• als Nachtisch Lupinenbutter und Lupinenkäse mit einem Lupinenschnaps
• und zum Schluss einen Lupinenkaffee.
Zum Händewaschen lagen Lupinenseife und Handtücher aus Lupinenfaser bereit. Auch Schreibpapier aus Lupinenfaser und Umschläge mitLupinenklebstoff wurden angeboten.
Mit den Importmöglichkeiten von Eiweiß und anderen Rohstoffenschwand das Interesse an diesen Hilfsstoffen.“
Den Pflanzenzüchter Reinhold von Sengbusch jedoch ließ die Suche nach alkaloidfreien Süßlupinen nicht los.
Unter 1,5 Millionen alkaloidarmen Süßlupinen fand er drei Pflanzen der Art „Gelbe Lupine“ und zwei Pflanzen der Art „Blaue Lupine“, die praktisch alkaloidfrei waren. Aus ihnen schuf er durch Weiterzucht Sorten, die in Mitteleuropa problemlos gedeihen:
- Die Gelbe Lupine gedeiht im sandigen Norden.
- Die neuen Zuchtformen der Blauen Lupine im übrigen Mitteleuropa.
Sengbusch legte mit seiner Arbeit den Grundstock für die jetzt im deutschen Handel befindlichen LUPINEN-PRODUKTE aus ökologischem Anbau:
- Glutenfreies Mehl, das die Backwaren locker und frisch hält, Suppen und Soßen bindet.
Durch seinen Gehalt an Lecithin wirkt sich das Süßlupinenmehl positiv auf die Teigstruktur der Backwaren aus, es ist aber kein Ersatz für Backmehl, da es dafür viel zu wenig Kohlenhydrate enthält. Sein hoher Eiweißgehalt und die wertvollen Öle machen eine Zugabemenge in den Teig bis zu 15% der Gesamtteigmenge sinnvoll und die Bäckerei gelingt.
- Müsliflocken
- Kleie ("Okara")
- Lopino, der ein hochwertiger Tofu-Ersatz ist! Nicht nur Ersatz, sondern mehr: Sein Nährstoffgehalt ist dem der Sojabohne in einigen Belangen sogar überlegen. So enthält Lopino weniger Fett als Tofu, aber mehr Eiweiß und Lecithin, kein Purin (u.a. Inhaltsstoff von Bohnen), das Gichtkranken schadet!
Außerdem enthält Lopino die positiven Inhaltsstoffe der Lupine (alle für den Menschen lebenswichtigen essentiellen Aminosäuren, Calcium, Kalium, Magnesium, Natrium, Eisen, Beta-Carotin - deshalb die gelbe Farbe) … mehr nussigen Geschmack und im Unterschied zu Soja und anderen Bohnenarten - leichte Verdaulichkeit!
WARNHINWEIS: Das alles ist eine tolle Sache, aber leider nicht für jeden! Lupinen können Allergien auslösen und Kreuzallergien mit Bohnen, Gummi arabicum, Johannisbrot, Klee, Lakritze, Luzerne, Linsen, Sojabohne, Tamarinde und Traganth bewirken.