Botanische Gärten entstehen
"Die Blütezeit dieser italienischen botanischen Gärten fällt aber in das 16. Jahrhundert.
Besonders berühmt waren die Gärten von Padua (1533), Pisa (1544), Bologna (1568), Florenz und Neapel. In Deutschland wurden derartige öffentliche botanische Gärten erst zu Ende des 16. und im Verlaufe des 17. Jahrhunderts gegründet, und zwar zu Leipzig 1580, zu Breslau 1587, zu Heidelberg 1597, zu Gießen 1610, zu Jena 1629, zu Kiel 1669 etc. …
Vorher aber gab es in Deutschland schon eine große Zahl botanischer Privatgärten: der berühmteste ist derjenige des Joachim Camerarius in Nürnberg. Meist waren es Ärzte und Apotheker, die solche Gärten anlegten, um darin ihre Studien zu fördern, zu denen sie durch die „Väter der Botanik" mächtig angeregt wurden. Freilich baute man in diesen Gärten wieder neben den nützlichen Küchengewächsen hauptsächlich Arzneipflanzen, und wir werden daher mehr an die Gärten der Mönche als an die zuletzt erwähnten italienischen Gärten erinnert; aber wir dürfen uns darüber nicht wundern, denn man sah eben in den Pflanzen immer noch in erster Linie Träger medizinischer Kräfte, und diese Kräfte der Menschheit nutzbar zu machen, betrachtete man als die Hauptaufgabe des Studiums der Botanik.
Es ist nun gewiss interessant, zu erfahren, dass auch unser Meißen zu den Städten gehört, welche im 16. Jahrhundert einen botanischen Privatgarten besaßen, er wurde im Jahre 1555 von dem Arzt und Apotheker Dr. Christoph Leuschner angelegt, und über seinen Pflanzenbestand ist durch ein genaues Verzeichnis ausführlichere Kunde auf unsere Tage gekommen, als dies bei den meisten Gärten dieser Art der Fall ist.
Dr. Christoph Leuschner kam im Jahre 1521 in Meißen als der Sohn des Apothekers Karl Leuschner und seiner Gattin Dorothea, einer geborenen Erfurterin, zur Welt… Nachdem er Heilkunde und die in jener Zeit mit ihr aufs engste verknüpfte Heilmittellehre studiert hatte, praktizierte er um 1550 in Torgau als Stadtarzt, wandte sich aber kurze Zeit darauf, vielleicht bei dem 1554 erfolgten Tode des Vaters, nach seiner Vaterstadt Meißen, um daselbst die väterliche Apotheke zu übernehmen und zu leiten und den ärztlichen Beruf auszuüben… Noch in der Blüte seiner Jahre wurde Leuschner aus dem Leben abgerufen, denn er starb schon 1574 am Montag nach Laetare; auf dem Kirchhofe bei der Stadtkirche liegt er begraben.
Über den botanischen Garten, den Dr. Christoph Leuschner, wie oben erwähnt, im Jahre 1555 ins Leben rief, ist nach den Aufzeichnungen des Fabricius und des Ursinus folgendes zu berichten: … Viele Pflanzen waren natürlich der einheimischen Flora entnommen, viele sind jedoch auch, wie aus dem bald folgenden Pflanzenregister hervorgeht, aus weiter Ferne herbeigeschafft worden, aus Arnstadt in Thüringen, Breslau, Zürich. Padua etc., und es ist interessant, bei dieser Gelegenheit zu erfahren, mit welchen Personen Dr. Leuschner Kontakt pflegte, so mit dem gelehrten Konrad Gesner in Zürich, mit dem als Arzt und Botaniker berühmten Joachim Camerarius in Nürnberg, mit dem Italiener Mattioli , dessen Kräuterbuch 60 Auflagen erlebt hat, und mit anderen… Der schon mehrfach erwähnte Fabricius hat uns nun einen großen Dienst dadurch erwiesen, dass er am Ende seiner Annalen ein Verzeichnis der im Leuschnerschen Garten vorhandenen Pflanzen gegeben hat, wodurch wir in Stand gesetzt sind, uns ein deutliches Bild von einem solchen Garten zu machen…“ (Textquelle mit freundlicher Genehmigung des Meißner Hahnemannzentrums: Dr.Phil. Max Schmidt im Jahre 1895))