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Hexen - Mythos und Wirklichkeit
Hexen - Mythos und Wirklichkeit

Fotoveröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Museums Schloss Landeck, Grafik: Kurt Höretzeder

Hexen - Mythos und Wirklichkeit

Wie bei der Charakterisierung der Hekate angedeutet, wird aus ihr, dieser lichtbringenden, jugendlichen und menschenfreundlichen Göttin, die man von antiken Abbildungen und aus Hesiods Schriften kennt, im Laufe der Jahrhunderte die verdammenswürdige Mutter aller Hexen, mit   Artemis,   Medea,   Kirke  und in Nord- und Mitteleuropa   Freya   an ihrer Seite und mit vielen, oft kräuterkundigen Frauen und Männern - im Feuer. 

 

Bereits das antike römische Recht kannte den Tatbestand der Schadenszauberei, der z. B. mittels Fluchtafeln begangen wurde. Er wurde unter massive Strafe gestellt. 

Bei den vorchristlichen Germanen gab es Verbrennungen von Schadenszauberern, während im frühen Mittelalter, sich die offizielle katholische Kirche und die staatliche Gewalt vehement davon distanzierte, um sich von den "Heiden" abzugrenzen. Die mit Hexerei verbundenen Ansichten und Praktiken, bei denen die sogenannten Zauberpflanzen und Schutzpflanzen wichtige Funktionen innehatten, wurden dem Reich der Phantasie und des Aberglaubens zugeordnet.
Folglich wurde auf dem Konzil von Paderborn im Jahre 785  beschlossen:

Wer vom Teufel verblendet nach Weise der Heiden glaubt, es sei jemand eine Hexe und fresse Menschen, und diese Person deshalb verbrennt oder ihr Fleisch durch andere essen lässt, der soll mit dem Tode bestraft werden.“

 

 

Doch ab der frühen Neuzeit (1450) änderte sich diese Einstellung:

 

Die Gesetzgebung wurde mit der Entwicklung der patriarchalischen und von der Kirche kontrollierten Schulmedizin, die nur in ihren Anfängen (Salerno, Bologna) und dann wieder erst ab dem 19. Jh. Frauen zum Studium zuließ, eine andere. 

Eigene Forschungen und Meinungen waren sehr verdächtig und immer der Ketzerei nahe!

Die Bekämpfung der Volksmagie stand im Vordergrund. Sobald sie mit Ketzerei, Teufelspakt oder Teufelsbuhlschaft, die als Indiz für den grundsätzlichen Abfall vom rechten Glauben gewertet wurden, in Verbindung gebracht werden konnte, endete "Hexerei" für Frauen und Männer tödlich .

 

Die Hexenbilder des Schadenszaubers der späten Antike, des Alten Testaments (2. Buch Mose 22,17), das ja eigentlich durch Jesus aufgehoben worden wäre (Mt. 9,17) und die Zaubervorstellungen der Germanen waren noch immer fest in den Köpfen der meisten Menschen verankert.

Sie ermöglichten nun zusammen mit dem von den gesetzgebenden Kräften als real angenommenen Tatbestand der Buhlschaft mit dem Teufel, der – laut Thomas von Aquin  - erst zu Hexenflug etc. befähige, und mit der Idee einer allgemeinen, das Christentum existentiell bedrohenden „Kirche des Satans“ bzw. „Hexensekte“, deren Mitglieder unerkannt und im Geheimen wie ein unterirdischer Ameisenhaufen agiere, die Hexenverfolgungen mit unzähligen Denunziationen, Folterungen und Tötungen.

Durch kirchliche und staatliche Gesetzgebung wurden Beschuldigungen, die Teufelspakt, InkubusglaubeKetzerei, Schadenzauber, Hexenflug und Hexenritt sowie Verwandlung in ein Tier (z.B. Werkatze, Werwolf) in ein System gebracht und so die Bedingungen für die todbringenden Hexenverfolgungen, denen Frauen, Männer, sogar Jugendliche und Kinder zum Opfer fielen.  

 

Es kam so weit, dass der Dominikanermönch und Inquisitor Heinrich Kramer (auch "Institoris" genannt), nachdem er vom Bischof Golser abgewiesen wurde, in dem von ihm verfassten Werk  "Der Hexenhammer" ("Malleus Maleficarum"), das sich den Rang eines kirchlichen Hexengesetzbuches für Strafrichter erschlich.

1486 formulierte: „Es ist die größte Häresie, nicht an das Wirken von Hexen zu glauben.“

 

"Dank" des ab Mitte des 15. Jahrhunderts angewandten Buchdrucks und des großen Interesses des Volkes  wurde leider der Hexenhammer ein Bestseller mit 29 Auflagen! Er bildete die ideologische Grundlage und Handlungsanweisung für die fortdauernden Hexenverfolgungen, die gebietsweise als regelrechte Volksbewegung aufflammten.

Somit waren sowohl die der Hexerei angeklagten Personen als auch ihre Verteidiger der Verfolgung preisgegeben, und das über 300 Jahre lang, bis Ende des 17. Jhs  und darüber hinaus. 

Dieses Thema griff auch Arthur Miller in seinem Werk "Hexenjagd" auf: Es ist ein Stück über den Hexenwahn in der frühen Neuzeit, aber es ist auch ein Stück über gesellschaftliche Erscheinungen, die in unserer Zeit immer wieder auftreten können. Es wendet sich gegen Angst und Massenwahn, gegen Denunziation, Gesinnungsschnüffelei und gegen den Missbrauch politischer Macht.

 

War damals die Kirche (zuerst die katholische, später auch die evangelische) an den Hexenverbrennungen und anderen Tötungen nicht beteiligt, war sie daran unschuldig? Oder wusch sie sich nur ihre Hände in Unschuld?

 

Im Mittelalter war es Priestern und allen übrigen Geistlichen nicht gestattet, an Maßnahmen weltlicher Strafgerichtsbarkeit, die u. a. auch die Blutgerichtsbarkeit miteinschloss, teilzunehmen, denn es galt noch der Rechtssatz „ecclesia non sitit sanguinem“  (lat. „die Kirche dürstet nicht nach Blut“). - Was so erfreulich klingt und die frühchristliche, ablehnende Haltung der katholischen Kirche gegenüber der Todesstrafe ausdrückte, wurde pervers umgangen:

Zu Zeiten der Inquisition, auch im Rahmen der Hexenverfolgung, wurde der Grundsatz ohne Schwierigkeit „mit reinem Gewissen“ umgangen. Gesellschaft, Kirche und Staat arbeiteten nämlich Hand in Hand: Man übergab Personen, die für schuldig befunden worden waren, der weltlichen Gerichtsbarkeit („dem weltlicher Arm“), was Folter und Vollstreckung der Todesstrafe nach weltlichen Gesetzen und Urteilen miteinschloss. 

Auch für die Reformatoren Calvin und Luther war die Hexerei real gewesen sei. Für Luther war sie vor allem ein weibliches Metier, was er auch begründete: „... weil Frauen mehr als jene den abergläubischen Einflüssen des Satans unterworfen sind. Wie Eva. Der Volksmund nennt sie die weisen Frauen. Sie sollen getötet werden...“

 

Wie wurde diese Spirale der Gewalt in Europa zum Stillstand gebracht?

 

Einer von Martin Luthers Nachfolgern jedoch, der reformierte Pfarrer Anton Praetorius, hatte sich 1597 -wie auch die Ärzte Weyer und Ewich und wie bereits viele vor ihnen, z. B. 1485 Bischof Golser  - gegen die Hexenprozesse gewendet. 

Ebenso 1631 der Jesuit Friedrich Spee.

Er war als Beichtvater für die verurteilten Hexen bestellt und gewann im Laufe seiner Arbeit Zweifel an den Hexenprozessen als Mittel, Schuldige zu finden. Aus Angst, als Beschützer der Hexen erkannt und getötet zu werden, veröffentlichte er seine Schrift Cautio Criminalis ("Rechtliche Bedenken wegen der Hexenprozesse") anonym.

Sein veröffentlichter Text förderte in der Zeit der Aufklärung den Prozess des Umdenkens, weg von Folter, Eid und Gottesurteil, hin zur Beweisbarkeit, sodass Hexerei-Beschuldigungen in der Regel nicht mehr nachgegangen wurde, obwohl Teile der Bevölkerung dies lange weiterhin forderten!

 

Noch 1836 wurde eine vermeintliche Hexe von den Fischern der Halbinsel Hela der Wasserprobe unterworfen und, da sie nicht untersinken wollte, gewaltsam ertränkt.

 

Zeitungsnotiz 1990: Daswa Bakali (1946-1990) aus Mbahe in Südafrika wurde 1990 von einer Menschenmenge mit Steinen beworfen und mit einem Knobkierrie getötet, weil er sich einem lokalen Geistheiler und dessen Hexerei aus christlicher Überzeugung widersetzte. 

 

Weiterführender Link zum Nachlesen:

 Artikel vom 30.04.2018 im Standard  zum Thema "Orgien, Teufelsanbetung, Giftmischerinnen: Über moderne Hexenvorstellungen"

 

  • „Die Hexen“, Holzschnitt von Hans Baldung (1508)

  • Ob er auch verbrannt worden wäre?