Gemeinsam ist ihnen neben der gelben, duftenden Doppeldoldenblüte das filigrane, zerteilte und würzende Blatt und, in unterschiedlicher Stärke, die krampflösende, aufhellende, verdauungsfreundliche und bronchienstärkende, schleimlösende Wirkung.
Auch lieben sie alle einen warmen Standort. Gut gedeihen sie auf mäßig trockenen, nährstoffreichen, leicht kalkigen, nicht zu schweren Lehm- und Lössboden in Gebieten mit sonnig-warmem Spätsommer und Herbst.
Gedeiht der Gewürzfenchel auch in Mitteleuropa?
Unter günstigen Bedingungen, vorallem in Weinbaugebieten, und mit Winterschutz versehen gedeiht der mehrjährige Gewürzfenchel auch in Mitteleuropa. Gelegentlich wildert er sogar aus, sodass er zu den eingebürgerten Neophyten gezählt wird.
- Er kann sich zu einer bis zu 2 m hohen, nach oben hin verzweigten Pflanze mit einer tiefreichenden, rübenförmigen Wurzel entwickeln.
- Die Blüten, und somit auch die Früchte, erscheinen meistens erst im Jahr nach der Aussaat.
Worin unterscheidet sich der Gewürzfenchel vom Bitterfenchel?
Gleich vorweg, die Früchte des Gewürzfenchels enthalten mehr entkrampfendes, schleimlösendes Anethol, die des Bitterfenchels mehr bitteres, antimikrobielles, belebendes Fenchon:
Der Gewürzfenchel wird häufig als "Süßfenchel" bezeichnet, denn sein ätherisches Öl enthält im Unterschied zum "Bitterfenchel"
- nur 1 % bitter, kampferartig schmeckende Fenchon , der Bitterfenchel 12 - 25%.
Fenchon wirkt
- wachstumshemmend auf Bakterien und Pilze
- belebend auf das menschliche Zentralnervensystem, wie viele Bitterstoffe
- Anethol, aus dem das ätherische Öl des Süßfenchels bis zu 95 % besteht, das des Bitterfenchels bis zu 75 %, ist für die Süße im Geschmack und für das klassische Anisaroma zuständig.
Anethol wirkt
- entkrampfend auf die glatte Muskulatur des Magen-Darm-Trakts, der Gallen- und Harnwege, der Bronchien und der Gefäße.
- In der Lunge wirkt Anethol zudem schleimlösend und das Bronchialsekret hinausbefördernd.
- Wird Fenchelöl unter Lichteinwirkung gelagert, kann aus Anethol unter Umständen „Photoanethol“ mit östrogenen Eigenschaften entstehen. Darum Fenchöl Kindern nur 2 Wochen hindurch verabreichen!
Medizinische Verwendung des Gewürzfenchels (Süßfenchels)
Es ist wunderbar zu verfolgen, wie die „Altvorderen“, die noch nichts von Molekular- und Genforschung wussten, die heute von der Wissenschaft bestätigten Wirkungen des Fenchels herausfanden!
- Der altgriechische Arzt und Pharmakologe Dioskurides schrieb über den Süßfenchel, den er als „Marathon“ bezeichnete: „Das Marathron, das Kraut desselben genossen, hat die Kraft, die M e n s t r u a t i o n zu befördern, der Same auch, wenn er getrunken oder mit Gerstenschleim gekocht wird. Die Abkochung des Blüthenstengels ist als Trank den N i e r e n- und B l a s e n l e i d e n d e n zuträglich, da sie den Urin treibt. Mit Wein getrunken ist er (der Blüthenstengel) ein gutes M i t t e l g e g e n S c h l a n g e n b i s s e, auch befördert er die M e n s t r u a t i o n. In Fieberzuständen mit kaltem Wasser getrunken beseitigt er das Uebelkeitsempfinden und den Brand des M a g e n s. Die Wurzeln, fein gestossen und mit Honig aufgelegt, heilen den B i s s d e s t o l l e n H u n d e s. Der ausgepresste und in der Sonne getrocknete Saft der Stengel und Blätter wird mit Nutzen zu den A u g e n m i t t e l n, welche für die Schärfe des Gesichtes dienen, verwandt. Für dieselben Zwecke wird auch aus dem noch frischen Samen nebst den Zweigen und Blättern sowie auch aus der Wurzel nach dem ersten Ausschlagen der Saft bereitet.“
- Interessant ist, dass er alle Pflanzenteile des Fenchels einer medizinischen Verwendung zuführte, wobei er sich die spasmolytische (krampflösende), karminative (entblähende) und schwach antimikrobielle Wirkung (= wirksam gegen Mikroorganismen wie Bakterien, Pilze, Hefen) des Fenchels, die in moderner Zeit von der Kommission E, von ESCOP und HMPC wissenschaftlich bestätigt wurden, zunutze machte.
Nur die Einsatzgebiete des Fenchels für A t e m w e g s e r k r a n k u n g e n vermissen wir in der antiken Aufzählung! Zeitgemäße wissenschaftliche Studien ergaben nämlich, dass sowohl der Bitterfenchel (Wilder Fenchel) als auch der Süßfenchel (Gewürzfenchel) die mukoziliäre Aktivität erhöhen, d.h., den Selbstreinigungsmechanismus der Bronchien stärken.
- Die Völker südlich der Alpen standen mit jenen nördlich der Alpen über Jahrtausende nicht nur in kämpferischem Austausch, sondern es flutete auch viel nutzbringendes Wissen und Können über die Alpen!
- Der Fenchel erreichte dank Anbauvorschrift Karls d. Großen die Gärten der Guthöfe und vor allem die der Klöster. Er wurde aufgrund des verbreiteten antiken Wissens zu einer ihrer wichtigsten Heilpflanzen!
- Auch die sensitive, eigen-sinnige Benediktinerin Hildegard von Bingen schätzte den Fenchel, und zwar die Fenchelfrüchte („Samen“) genauso wie die Fenchelknolle. Er zählte für sie neben Dinkel und Kastanie zu den angenehmsten Nahrungs- und Heilmitteln. Angewendet werden sollte der Fenchel ihrer Meinung nach vor allem bei Heiserkeit, Schnupfen, Magenbeschwerden, schlechtem Atem, bei Lungenleiden, zur allgemeinen Stärkung und - neu, aber dank Fenchon im Fenchel, richtig - bei depressiven Verstimmungen: „Wie auch immer er gegessen wird, macht er den Menschen fröhlich und vermittelt ihm angenehme Wärme und guten Schweiß und eine gute Verdauung.“ (Physica, Causae et Curae)
Zeitgemäße Medizinische Zubereitungen:
- Fencheltee aus Fenchelfrüchten als Arzneitee in der Dosierung für Erwachsene, für Kinder entsprechend weniger nehmen:
- 2 gestrichene Teelöffel Fenchelfrüchte unmittelbar vor dem Gebrauch anquetschen. Das geht in einem kleinen Mörser am einfachsten. Sonst mit Löffel und Tasse.
- Mit 250 ml heißem Wasser übergießen.
- 15 Minuten ziehen lassen.
- 3-mal täglich eine Tasse Tee trinken. Zeitraum: Längstens 3 Wochen, dann erst nach einer mehrwöchigen Pause wieder beginnen.
- Als Mittel gegen Verdauungsstörungen nicht süßen.
- Als Hilfe bei Atemwegserkrankungen kann der auf 40° abgekühlte Fencheltee mit Honig gesüßt werden.
- Überlegenswertes:
Auch die Anwendung von „nur“ Fencheltee darf nicht übertrieben werden.
- Vor allem sollte er bei Kindern nicht als nächtliche süße „Dauermundspülung“ dienen! Karies ist eine der möglichen Folgen.
- Fencheltee wird in der Stillzeit ausgiebig und über einen langen Zeitraum getrunken, da er über die Muttermilch beruhigend auf die Verdauung des Kindes wirkt. Wie bei allem, ein übertriebener Konsum kann u. U. schaden: In Tierstudien mit Mäusen, die über 12 Monate mit reinem (= purem Estragol (Methylchavicol), das sind Stoffe, die in Spuren auch in Fenchelfrüchten enthalten sind) traktiert wurden, wurden Lebertumore beobachtet. „Diese Ergebnisse können jedoch nicht auf die Verabreichung von Fenchelfrüchten bzw. Fenchelöl übertragen werden.“ (Quelle) Pflanzen enthalten eine Vielfalt an Stoffen, die auf eine durchwegs noch unerforschte Weise zusammenwirken, sich verstärken oder abschwächen. Und Pflanzen lehren uns auch: Möglichst viel ist nicht gleich möglichst gut! Vielleicht als Stillende die Menge reduzieren, oder, wenn es möglich ist, auf Laub des Bitterfenchels umsteigen? Arzneitee wird übrigens in der Regel nur über einige Wochen konsumiert.
- Fenchelfrüchte direkt anwenden:
Bei Verdauungsbeschwerden wie Blähungen und Krämpfen, denen keine ernsthafte organische Erkrankung zugrunde liegt, sind ein halber bis ein ganzer Teelöffel Fenchelfrüchte (oder Kümmel), die direkt in den Mund genommen, zerbissen und geschluckt werden, eine schnelle Hilfe. Sie gehören in jede Reiseapotheke!
- Ätherisches Fenchöl wird sowohl aus Süßfenchel als auch aus Bitterfenchel gewonnen.
- Verdünntes ätherisches "Fenchelöl Süß" aus Foeniculum vulgare dulce empfiehlt sich als Massageöl.
- Ätherische Öle aus Bitterfenchel - "Bitterfenchelöl" (Foeniculi amari fructus aetheroleum) und "Bitterer-Fenchel-Kraut-Öl" (Foeniculi amari herbae aetheroleum) - werden verdünnt für medizinische Zwecke eingenommen. Ihre Zusammensetzung ist im Europäischen Arzneibuch festgelegt.
- Fenchelsirup, Fenchelhonig und Fencheltinktur werden für die gleichen Beschwerden angewendet wie die Früchte als Tee oder Direktanwendung. Siehe unter Wilder Fenchel, denn er wird für ihre Herstellung verwendet.
Der Gewürzfenchel (Süßfenchel) in der Küche
Er bildet zwar keine essbare, oberirdische Knolle, doch schätzt man sein frisches, filigranes Laub, das nach Anis schmeckt, und vor allem seine reifen Früchte, die sich aus den hübschen, gelben Doldenblüten entwickeln. Beides wird seit der Antike nicht nur medizinisch, sondern auch zum Würzen von Speisen und Getränken verwendet.
- Sein Laub und die Blüten werden roh über Salate, Gemüsegerichte, Suppen, Käse und Fisch gestreut. Durch Kochen würde das Aroma verloren gehen.
- Die Früchte („Samen“) des Gewürzfenchels schmecken milder als die des Bitterfenchels, süßlich, leicht würzig. Sie sind ein beliebtes Tee- und Brotgewürz, z. B. für Vinschgerlen, werden auch gerne Suppen, Gemüse und Speisen aus Bohnen beigegeben und zum Aromatisieren diverser Spirituosen verwendet.